Übersicht
Was ist psychische Gesundheit?
„Psychische Gesundheit“ bezieht sich, im Gegensatz zu körperlicher Gesundheit, auf unsere Gedanken, Gefühle und unser Verhalten. Ist jemand psychisch gesund, geht es ihm/ihr mental gut und er/sie wird durch seine/ihre Gedanken, Gefühle und Verhalten nicht eingeschränkt.
Psychische Gesundheit trägt dazu bei, mit Belastungen und Stress umzugehen und leistungsfähig sein zu können. Dies hat auch positive Auswirkungen auf Freund:innen, Familie, Arbeitskolleg:innen und andere Menschen. Genau wie bei der körperlichen Gesundheit, gibt es auch in Bezug auf die psychische Gesundheit ein Kontinuum von „psychisch gesund“ auf der einen sowie „psychisch krank“ auf der anderen Seite, auf dem sich jeder Mensch befindet.
Relevanz psychischer Erkrankungen
In einkommensstarken Ländern zählen psychische Erkrankungen zu den wichtigsten Ursachen für Einschränkungen der Lebensqualität und der Lebenserwartung; psychische Erkrankungen sind nicht nur mit gravierendem individuellem Leid verbunden, sondern stellen auch sozial und gesellschaftlich ein rasch anwachsendes Problem dar.
So sind z. B. in Deutschland in den letzten 10 Jahren die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen – insbesondere durch Depressionen – sprunghaft angestiegen.
Ab wann spricht man von Krankheit?
Jedem Menschen begegnen in seinem Leben unterschiedliche Anforderungen. Diese können als psychische Belastungen auf den Menschen einwirken. Erfährt ein Mensch psychische Belastungen (z.B. eine Trennung oder den Tod eines Angehörigen) ist er aber nicht gleich „psychisch krank“, denn mit ausreichenden Ressourcen (z.B. Unterstützung durch Freund:innen oder Familie) kann ein gewisses Maß an – durch psychische Belastungen entstandenem – „Stress“ bewältigt werden. Ebenso kann eine psychische Erkrankung auch ohne das Vorhandensein von Belastungen auftreten, wenn bei einem Menschen bereits Risikofaktoren – z.B. in Form genetischer Faktoren – vorliegen, die im Zusammenhang mit normalen Alltagsanforderungen zu einer Überforderung führen. Als Ursache einer psychischen Erkrankung wird oftmals ein Zusammenspiel aus biologischen Faktoren, belastenden Lebenserfahrungen und familiären Bedingungen angenommen.
Eine psychische Erkrankung liegt erst vor, wenn ein Mensch aufgrund von psychischen oder Verhaltensproblemen daran gehindert wird, gesellschaftliche, normative oder persönliche Ziele zu erreichen oder die Person oder seine Mitmenschen erheblich unter den psychischen oder Verhaltensproblemen leiden.
Die Probleme wirken sich also auf den Alltag des Menschen aus. Die Funktionsfähigkeit ist eingeschränkt. Die psychische Gesundheit ist erheblich „aus der Balance“ geraten. Psychische oder Verhaltensprobleme meinen dabei unterschiedliche Beschwerden, die Menschen mit psychischen Belastungen erleben.
Wichtig: eine psychische Erkrankung ist von einer normalen Reaktion auf Belastungen abzugrenzen. Nach dem Tod eines wichtigen Menschen ist es zum Beispiel ganz „normal“, starke Gefühle der Trauer zu haben. Diese Beschwerden verschwinden aber in der Regel nach einer gewissen Zeit wieder. Wenn die Beschwerden aber länger anhalten, mehr werden oder zu größeren Problemen führen, sollten sich Betroffene und Angehörige professionelle Hilfe suchen. Fachpersonen können dann einschätzen, ob die Kriterien für eine psychische Erkrankung erfüllt sind, oder z.B. eine normale Trauerreaktion vorliegt.
Wie werden psychische Erkrankungen erkannt?
Psychische Belastungen äußern sich in Form von Symptomen, die mehr oder weniger stark auftreten können und demensprechend einen Einfluss auf das Leben der betreffenden Person haben. Solche Symptome sind beispielsweise Gefühle der Trauer, Angst oder eine starke innere Anspannung. Manchmal verschwinden sie nach einer Zeit wieder, aber es können auch weitere hinzukommen (z.B. Panikattacken oder Suizidgedanken), welche zu immer größer werdenden Problemen im Leben der Betroffenen führen. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich professionelle Hilfe zu suchen.
Expert:innen haben psychische Erkrankungen in Gruppen von Störungsbildern zusammengefasst, die sich aufgrund eines bestimmten Musters an Beschwerden (ein sogenanntes „Syndrom“) voneinander abgrenzen lassen. Liegen eine bestimmte Anzahl und Schwere an Symptomen vor, die zu dem Muster einer bestimmten psychischen Störung passen (= Syndrom ist erfüllt), kann diese Störung durch psychotherapeutische (z.B. Psychotherapeut:innen) oder ärztliche Fachkräfte (z.B. Psychiater:innen, Hausärzt:innen) festgestellt werden. Das Ergebnis nennt man Diagnose.
Ein einfacher Test – wie bei einem Knochenbruch die Röntgenaufnahme – reicht dafür nicht aus. Zuvor ist es notwendig, körperliche Erkrankungen, wie z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion, als mögliche Mitverursacherin für psychische Probleme auszuschließen. Das ist wichtig, denn eine Schilddrüsenunterfunktion kann ebenfalls verantwortlich für depressive Verstimmungen sein. Ist dies getan, findet ein ausführliches Gespräch mit der Behandler:in statt, bei dem auch psychologische Tests (z. B. in Form von Fragebögen) zum Einsatz kommen können. In dem Gespräch werden alle Symptome der Patient:innen sowie deren Schwere erfasst. Dabei fragt die Behandler:in auch nach aktuellen oder vorherigen körperlichen und psychischen Erkrankungen. Im Anschluss wird eine Diagnose gestellt, welche in erster Linie dazu dient, dass die Behandlungskosten abgerechnet werden können. Sie ist jedoch auch hilfreich bei der Behandlung selbst, da sich einige Therapieansätze hinsichtlich ihrer Wirksamkeit bei verschiedenen Erkrankungen unterscheiden können.
Psychische Erkrankungen besser verstehen
Im Folgenden finden Sie eine Sammlung von Gesundheitsinformationen zu unterschiedlichen psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen. Dadurch können sich Betroffene, aber auch Freund:innen und Familie, darüber informieren, welche psychischen Erkrankungen es gibt, wie sie sich äußern und wie man sie behandeln kann.
Wichtig zu wissen ist, dass es nicht selten vorkommt, dass mehrere psychische Erkrankungen gleichzeitig auftreten und diese auch oft mit körperlichen Beeinträchtigungen betreffender Personen einhergehen können.
Hinweis: Die Auflistung ist nicht vollständig und es gibt noch andere psychische Erkrankungen, weitere zuverlässige Informationen finden Sie zum Beispiel auf nachfolgenden Internetseiten: psychenet.de, patienten-informationen.de, gesundheitsinformation.de oder stiftung-gesundheitswissen.de
- https://gesund.bund.de/themen/sucht-bewaeltigen
- Alkohol und Alkoholabhängigkeit
- Medikamentenmissbrauch und Medikamentenabhängigkeit
- Rauchen und Raucherentwöhnung
Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen
In vielen Bereichen der Medizin können Prävention (Vorsorge, z.B. durch Impfungen) und Früherkennung (z.B. Krebsvorsorge) die Entstehung von Krankheiten verhindern bzw. verzögern. Prävention und Früherkennung können aber nicht nur auf körperliche, sondern auch auf psychische Erkrankungen angewendet werden.
Prävention beinhaltet Maßnahmen wie beispielsweise Stressbewältigung, die sich an gesunde Menschen richten. Diese Maßnahmen helfen dabei, Risikofaktoren (d.h. Faktoren, die die Entstehung einer Erkrankung wahrscheinlicher machen) abzuschwächen und so der Entstehung einer psychischen Erkrankung vorzubeugen. Ein Beispiel für eine Präventionsmaßnahme ist die Aufklärung über bestimmte psychische Erkrankungen, auch Psychoedukation genannt.
Früherkennung richtet sich an Menschen, die sich in einem frühen Stadium einer Erkrankung befinden. Ziel ist es, psychische Erkrankungen eher zu erkennen, Betroffenen und ihren Familien möglichst rechtzeitig zu helfen und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder abzuschwächen. Studien sprechen eindeutig dafür, dass eine frühzeitige Behandlung den Heilungsverlauf verbessert oder sogar das Entstehen des Vollbildes einer Erkrankung verhindert (z.B. bei Psychosen). Das heißt, je weniger Zeit vom Beginn der Erkrankung bis zur Behandlung vergeht, desto besser sind insgesamt die Heilungschancen.
Wie können psychische Erkrankungen behandelt werden?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um psychische Erkrankungen zu behandeln. Fachpersonen, die eine Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durchführen können, sind psychologische Psychotherapeut:innen oder unterschiedliche Fachärzt:innen (beispielsweise für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik oder Nervenheilkunde). Erstere haben ein Psychologiestudium und eine anschließende Ausbildung absolviert, letztere ein Medizinstudium und eine fachärztliche Weiterbildung. Nur sie dürfen auch Medikamente verschreiben, psychologische Psychotherapeut:innen haben dazu keine Berechtigung. Bei einigen psychischen Erkrankungen macht es Sinn, Medikamente einzunehmen, allein oder in Kombination mit Psychotherapie.
Die Behandlung kann innerhalb unterschiedlicher Rahmenbedingungen durchgeführt werden. Hier unterscheidet man zwischen ambulant, teilstationär und stationär.
Ein Beispiel für eine ambulante Behandlung ist, dass Patient:innen etwa einmal die Woche in der Praxis einer Psychotherapeutin ein psychotherapeutisches Gespräch wahrnehmen. Bei der teilstationären Behandlung besucht die Patientin eine sogenannte Tagesklinik. Dort bleibt sie von morgens bis nachmittags und nimmt in dieser Zeit verschiedene psychotherapeutische, psychiatrische, aber auch ergo- oder musiktherapeutische Angebote in Anspruch. Die Abende und Wochenenden verbringt sie Zuhause. Bei der stationären Behandlung ist der Patient den gesamten Aufenthalt über in einer psychiatrischen Klinik und kehrt erst nach Abschluss der Behandlung nach Hause zurück. Welche Behandlung die richtige ist, kann nicht pauschal beantwortet werden und ist mitunter eine schwierige Entscheidung. Bei der Entscheidungsfindung können insbesondere Fachpersonen unterstützen. Für eine erste individuelle Einschätzung könnte nachfolgende Entscheidungshilfe nützlich sein: Wo soll ich mich behandeln lassen?
Angehörige in die Therapie mit einzubeziehen ist unbestritten sinnvoll. Zum einen schon deshalb, weil Angehörige den Behandelnden mehr Informationen über die Probleme der Patient:innen und das soziale Umfeld liefern können. Auf der anderen Seite hilft es auch den Angehörigen, Teil der Therapie zu sein. So bekommen sie einen Einblick in die Behandlung und können erkennen, was sie selbst tun können, um zu unterstützen. Allerdings ist der Einbezug von Angehörigen in der Behandlung nicht verpflichtend und wird je nach Behandler:in sehr unterschiedlich umgesetzt. Gleiches gilt auch für den Einbezug von Angehörigen in der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen.
Verfasser:innen
Dr. Moritz Köhnen (M.Sc. Psych), Clara Bongartz (M.Sc. Psych.), Priv.-Doz. Dr. Jörg Dirmaier (Psychologischer Psychotherapeut)
Datum der Erstellung: 10.02.2022
Datum der letzten inhaltlichen Überarbeitung: 11.02.2022
Quellen
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